Erleuchtung durch Lampen

Keine Erleuchtung

Auf der Suche nach einer vortrefflichen Lichtquelle.

Bereits ein paar tausend Jahre vor Christus vollbrachten wir eine unserer ersten grossen Kulturleistungen, das Leuchten. Der Frühmensch von damals schaffte es, die zerstörerische Urgewalt des Feuers zu bändigen und sie sich zu Nutze zu machen. Die im wahrsten Sinne des Wortes «erfundene» und noch primitive Fackel, brachte Licht ins Dunkel wo wir es uns wünschten und bot uns Behaglichkeit und Schutz.

Da wir von diesem Zeitpunkt an nicht mehr länger an dem natürlichen Tagesrhythmus gebunden waren, zeigt uns fortan nur noch die biologische Uhr auf, wann es Zeit ist unserem Geist und Körper die nötige Ruhe zu gewähren. Die Folge davon ist unser bis heute anhaltendes Verlangen nach immer mehr ausgeleuchteter Zeit, nach länger werdenden Tagen und kürzeren Nächten. Vielleicht kultivieren wir diesen Anspruch, um unsere kostbare Zeit von einem Menschenleben optimal auszukosten oder auch nur, um noch mehr zu leisten. Und so wurde das brennende Stück Holz zum «Kienspan» weiterentwickelt, dann zur mit Harz oder Pech modifizierten und noch heller brennenden Fackel verbessert, später zur Lampe oder Kerze mit Docht optimiert und schliesslich zum elektrisch betriebenen Glühfaden und zur Leuchtdiode ausgebaut. Der trügerische Luxus, täglich mehr Lichtzeit zur Verfügung zu haben, ist für uns längst zur Gewohnheit geworden und niemand von uns möchte zurück in eine dunkle Zeit ohne Fackeln.

Fackelträger

Und so erscheint es mir als wichtig und richtig, mich auf die Suche nach einer mustergültigen Lichtquelle zu machen. Darüber hinaus hat vor einiger Zeit die in meinem Haus verschmähte Esszimmerlampe ihren Dienst quittiert, was die Suche nach einem besser geeigneten Ersatz zu einem noch dringlicheren Bedürfnis werden lässt. Unter all den Lampen, die es zu kaufen gibt, lies sich bisher kein geeigneter Ersatz finden. Keine dieser Lampen konnte meinen Ansprüchen gerecht werden. Mal ist das Material zu künstlich (an dieser Stelle sei erwähnt, dass ich natürliche Materialien bevorzuge, denn nichts geht über die Stofflichkeit ureigener Materialien), dann wiederum erschien mir die Form als unpassend: zu dick, zu lang, zu kurz oder schlichtweg kitschig. Ein weiteres Mal erschien mir der Aufbau zu kompliziert und die Fügung der Materialien als Ganzes nicht schlüssig und so weiter und so fort. Kurzum, bisher gab es in Sachen Lampen aus meiner Sicht keinen Lichtblick.

Ich entschloss mich die Suche auf dem Papier meines Zeichenblockes weiterzuführen und mit der Hilfe eines befreundeten Schreiners selbst eine zu entwickeln. Aber bevor der erste Prototyp gebaut wird, gilt es sich einige Entwurfsrelevante Fragen zu stellen. Da dieser Beleuchtungskörper auf Augenhöhe über dem Esstisch pendeln soll, stellt sich die Frage wie es zu bewerkstelligen ist, dass dieser nicht unangenehm blendet oder harsche Schatten auf die Tischplatte wirft. An dieser Stelle erinnere ich mich an ein gelesenes Buch von Jun’ichiro Tanizakis. In «Lob des Schattens» schreibt er über den Umgang mit Licht und Schatten in der japanischen Kultur, wo die «Shōji» Raumteiler mit einem natürlich transluzenten Papier ausgefacht werden und so einen wunderbar diffusen Lichteinfall in den Raum ermöglichen. Genau diese stoffliche Eigenschaft hilft mir auch mein Licht sanft über dem Tisch zu verteilen.

Des Weiteren möchte ich, wie bereits erwähnt, nur auf Urmaterialien zurückgreifen. Bei dieser Lampe wird nichts nachgeahmt. Kein Kunststoff, Gummi oder Plastik soll diese Lampe verunstalten. Es werden nur ehrliche Materialen bearbeitet, geformt und verbaut. Also kommen in Frage: Holz und Stein, Metall, natürliches Papier und Textil, sowie Keramik und Glas. Diese Auswahl wird mir eine breite Fülle an gestalterischen Möglichkeiten bieten. Und ein letzter Punkt ist mir ein Anliegen: die Materialien sollen nach einfachen konstruktiven und in sich schlüssigen Prinzipien zusammengefügt sein, auch hier ohne die Verwendung künstlicher Klebemittel: stecken, legen oder hängen kommt mir hier in den Sinn.

So werde ich diese Lampe bauen.

Text: Christoph Ritler; Fotografie: Vlad Bagacian, Kai-Chieh Chan

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